Der Klavierspieler

Morgenstunde. Aufgestanden. Die Nacht überstanden. Eigentlich schon immer falsch verstanden.
Er wollte doch die Welt verzücken.
Sich mit seinem Spiele selbst ausdrücken.
Doch endete nun einfach hier.
Vor seinem elektronischen Klavier.
Wo ist der Widerspruch?
Wann wurde zerschnitten welches Tuch?
Nun hör zu. Höre zu, wie er spielt: Klang-Klang-Klang-anderer Klang-ganz anderer Klang-Klang-Klang-anderer Klang-Klang-ganz ganz anderer Klang – und immer so fort.
Fällt dir auf was ihm fehlt? Es ist die Melodie. Die größten und kompliziertesten Stücke vermag er so nachzuahmen. In perfekter Zeit, Rhytmus und Abfolge die Töne wiederzugeben. Doch in Wirklichkeit hat er nichts zu geben.
In Wirklichkeit sind die Finger und die Ohren taub. Der Preis vom großen Streben.
Gelehrsamkeit, büffeln, ein Stöckchen im Arsch.
Das innere Kind weint. Der Acker liegt brach.
Es wachsen keine Früchte hier. Man hört keine Melodien. Nur Ton an Ton und Klang an Klang,
streng und brav, ein dummer Mann.
Da ist kein Happy End, kein fröhliches Ende,
die Abfolge ist irgendwann einfach vorbei.
Taub bleiben Finger, Ohren und Hände.
Vom Kindlein in ihm ein stummer Schrei.

AS, 24.10.2019